Aber Deine Ruhe Findest Du Trotz Alledem Nicht Mehr - Reinhard Mey

Ich weiß nicht, was mich dazu bringt

Und welche Kraft mich einfach zwingt

Was ich nicht sehen will, zu seh’n

Was geh’n mich fremde Sorgen an

Und warum nehm ich teil daran

Statt einfach dran vorbeizugehn

Ich schließ die Fenster, schließ die Tür'n

Damit die Bilder mich nicht rühr'n

Doch sie geh’n mir nicht aus dem Sinn

Mit jedem Riegel mehr vor’m Tor

Dringt es nur lauter an mein Ohr

Und unwillkürlich hör ich hin

Du hast nicht gestohlen, nicht betrogen

Und, wenn irgendmöglich, nicht gelogen

Oder wenn, dann ist das wenigstens schon eine ganze Weile her

Hast fast nie nach fremdem Gut getrachtet

Und fast immer das Gesetz geachtet

Aber deine Ruhe findest du trotz alledem nicht mehr

Mich zu verteid’gen brauch' nicht

Keine Geschwor’nen, kein Gericht

Nehmen mir meine Zweifel ab

Ob ich dem, der um Hilfe bat

Was ich ihm geben konnte, gab

Was ich für ihn tun konnte, tat

Hab ich das je zuvor gefragt

Hab ich mir denn nicht selbst gesagt:

«Irgendwer kümmert sich schon drum

Irgendwer wird zuständig sein

Da misch dich besser gar nicht rein

Und ausgerechnet du, warum?»

Du hast nicht gestohlen, nicht betrogen

Und, wenn irgendmöglich, nicht gelogen

Oder wenn, dann ist das wenigstens schon eine ganze Weile her

Hast fast nie nach fremdem Gut getrachtet

Und fast immer das Gesetz geachtet

Aber deine Ruhe findest du trotz alledem nicht mehr

Hab' ich mir denn nicht selbst erzählt

Dass meine Hilfe gar nicht zählt

Und was kann ich denn schon allein?

Was kann ich ändern an dem Los

Ist meine Hilfe denn nicht bloß

Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Und doch kann, was ich tu' vielleicht

Wenn meine Kraft allein nicht reicht

In einem Strom ein Tropfen sein

So stark, dass er Berge versetzt

Sagt denn ein Sprichwort nicht zuletzt

Höhlt steter Tropfen auch den Stein

Du hast nicht gestohlen, nicht betrogen

Und, wenn irgendmöglich, nicht gelogen

Oder wenn, dann ist das wenigstens schon eine ganze Weile her

Hast fast nie nach fremdem Gut getrachtet

Und fast immer das Gesetz geachtet

Aber deine Ruhe findest du trotz alledem nicht mehr

I don't know what makes me do this

And what power just compels me

What I don't want to see, to see

What do I care about other people's worries

And why am I participating?

Instead of just walking past it

I close the windows, close the doors

So that the pictures don't move me

But I can't get them out of my mind

With every bolt more in front of the gate

It just comes louder to my ear

And involuntarily I listen

You didn't steal, you didn't cheat

And, if at all possible, don't lie

Or if so, then at least that was quite a while ago

You almost never sought someone else's goods

And almost always respected the law

But despite all this, you can no longer find your peace

I don't need to defend myself

No jury, no court

Take my doubts away

Whether I to the one who asked for help

What I could give him, gave

What I could do for him, did

Have I ever asked that before

Didn't I say to myself:

"Somebody's going to take care of it

Someone will be in charge

Better not get involved in that at all

And you of all people, why?"

You didn't steal, you didn't cheat

And, if at all possible, don't lie

Or if so, then at least that was quite a while ago

You almost never sought someone else's goods

And almost always respected the law

But despite all this, you can no longer find your peace

Didn't I tell myself?

That my help doesn't count at all

And what can I do alone?

What can I change about the lot

Isn't my help only

A drop in the ocean?

And yet I can do what I do

When my strength alone is not enough

Be a drop in a stream

So strong that he moves mountains

Says a proverb last but not least

Constant dripping also wears away the stone

You didn't steal, you didn't cheat

And, if at all possible, don't lie

Or if so, then at least that was quite a while ago

You almost never sought someone else's goods

And almost always respected the law

But despite all this, you can no longer find your peace